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12 | VON MeNSCH ZU MeNSCH




              Das gesunde Mittelmaß









                Nach 25 Jahren
                hat die Klinik
                für Psychiatrie und
                Psychotherapie einen
                neuen Chefarzt:
                PD Dr. Andres Neuhaus.












         Herr Dr. Neuhaus, Sie haben viele Jahre              Was führte Sie nun nach Frankfurt (Oder)?
         an der Charité verbracht. Was reizt Sie              Ich fand es nach beiden Erfahrungen nur logisch, ein gesun-
         am Klinikum Frankfurt (Oder)?                        des Mittelmaß zu finden. Das Klinikum Frankfurt (Oder) ist
         Meine Leidenschaft galt lange Zeit der Forschung, und sie   ein Haus der Maximalversorgung. Ich kann hier alles machen,
         macht mir immer noch Spaß. Dafür gab es an der Charité   was ich medizinisch anstrebe. Es gibt Gestaltungsraum, die
         natürlich beste Voraussetzungen. Ich musste aber erkennen,   Möglichkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit, und es
         dass Forschung allein nicht ausreicht, um Forscher zu sein.   gibt die Anbindung an eine Universität. Wir befinden uns hier
         Netzwerke knüpfen, Kongresse, Vorträge, Gelder einwerben   trotzdem noch in der Versorgungsrealität.
         – das alles gehört leider auch dazu. Ich wollte irgendwann
         einfach raus aus dieser Ochsentour.                  Jetzt nach den ersten Wochen: Haben sich
                                                              Ihre erwartungen bestätigt?
         Gelandet sind Sie dann in Perleberg.                 Es war definitiv die richtige Entscheidung, auch menschlich.
         Ja, vom größten Universitätsklinikum in Europa in die   Hier weht ja ein wenig Berliner Luft, der Umgang miteinan-
         Versorgungsstruktur des bevölkerungsärmsten Landkrei-  der ist unkompliziert, außerdem habe ich als gebürtiger Köl-
         ses in Deutschland. Größer hätte der Kontrast nicht sein   ner schon andere Rheinländer in der Klinik kennengelernt.
         können. Aber diese Zeit im Kreiskrankenhaus Prignitz war   Es ist schön, ab und zu den vertrauten Singsang zu hören.
         sehr lehrreich. Ich musste dort viele meiner Vorstellungen
         revidieren.                                          Was haben Sie sich vorgenommen?
                                                              Mein Aufgabenfeld ist groß, aber relativ undefiniert. Anfangs
         Was meinen Sie?                                      musste ich natürlich erst einmal den Status quo erfassen.
         Wenn man zehn Jahre oder mehr an der Charité verbringt,   Das ist nicht leicht in einer Klinik, die ein Vierteljahrhundert
         glaubt man, es gebe außerhalb kein Leben. Die Perspektive   von ein und demselben Mediziner geleitet wurde. Auch
         im Elfenbeinturm verstellt den realistischen Blick auf die   viele Oberärzte sind schon sehr lange da. In einem solchen
         wesentlichen Aspekte des Berufs. Auf dem Land geht es   Umfeld läuft vieles fast automatisch, Prozesse haben sich
         zum Beispiel nicht um Leitliniendetails oder darum, wie For-  zwischen den handelnden Personen eingespielt, nicht alles
         schungsergebnisse besser integriert werden können. Hier   ist formalisiert. Was das Klinische betrifft: Ich würde gerne
         stehen fundamentale Themen im Vordergrund: Wie halten   die Zusammenarbeit mit Nachbardisziplinen wie Psycho-
         wir die Leute an Bord, wie rekrutieren wir Personal, wie hal-  somatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie intensivieren
         ten wir den Betrieb in hoher Qualität aufrecht? Im Vergleich   – gerne aber auch mit anderen Abteilungen wie Pädiatrie,
         dazu haben wir uns an der Charité Luxusgedanken gemacht.   Gynäkologie oder Neurologie.
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                                          Kontakt: PD Dr. Andres Neuhaus
                                          Chefarzt Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
                                          Stationäre Anliegen T: 0335 – 548 4501
                                          Notfälle (außerhalb der regulären Sprechzeiten)
                                          T: 0335 – 548 4510
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